Seelsorge im Hauskreis

»Nach einer Untersuchung von Johannes Blohm ist in knapp 85 % der Hauskreise Seelsorge selbstverständlich.« ¹ Kernanliegen von Hauskreisen ist es, am Leben »Anteil zu nehmen und Anteil zu geben«. Die »Einander«-Formulierungen im Neuen Testament beschreiben das neue Sein in Christus. Diese Beschreibungen sind Orientierungshilfe, um Seelsorge untereinander zu praktizieren: »Baut einander auf« (1. Thess 5, 11) oder »Spornt einander zu Liebe und guten Taten an« (Hebr 10, 14).

Im Neuen Testament ist Seelsorge der Auftrag an alle Christen. Erst später wurde Seelsorge zu einer Sache von Spezialisten. Damit geriet die »Einander«- Dimension aus dem Blick. Erst in der mit der Reformation beginnenden Neuzeit kam es zu einer Wiederentdeckung der kleinen Gruppen in der Gemeinde.

Swen Schönheit zeigt drei Bereiche der Seelsorge auf ². Je intensiver das seelsorgliche Angebot ist – desto höher setzt er die dafür nötige Ausbildung an.

1. Gemeinde als heilende Gemeinschaft

Folgende »niederschwellige« Seelsorge ist nach Schönheit durch das Beziehungsnetz aus Freundschaften, Bekanntschaften und Hauskreisen oder Kleingruppen einer christlichen Gemeinde möglich: Meinungen erfragen; Rat einholen; kritische Fragen stellen; helfen, die Gedanken zu sortieren; Verletzungen oder Kränkungen aussprechen; Ermutigung und Zuspruch bekommen; Schuld bekennen und Segen empfangen.

2. Gemeindenahe Seelsorge

Die Gemeindenahe Seelsorge geschieht innerhalb der Gemeinde durch begabte und ausgebildete Seelsorgende (Haupt- und Ehrenamtliche).

3. Intensiv-Seelsorge

Die Intensiv-Seelsorge wird durch Therapeut:innen, Berater:innen und Ärzt:innen außerhalb der Gemeinde angeboten.

Welche Haltung ermöglicht Seelsorge im Hauskreis?

Menschen in Hauskreisen öffnen sich dann, wenn die Verschwiegenheit gewahrt wird und man eigene Probleme ansprechen kann. Dabei müssen selbstverständlich die Grenzen gewahrt und es muss auf Nähe und Distanz geachtet werden. Die Akzeptanz des Anderen und das Aufzeigen eigener Probleme und Schwierigkeiten fördert eine seelsorgliche Haltung in der Gruppe.

Grenzen der Seelsorge im Hauskreis ³

Ein Hauskreis oder eine Kleingruppe ist keine »Therapiegruppe« und die Gruppenmitglieder sind keine Therapeut:innen. Depressionen, Süchte, ausgeprägte Angstzustände und Zwangsverhalten müssen von Therapeut:innen behandelt werden. Es ist wichtig, dass Verantwortliche in den Kreisen erkennen, wann fachliche Hilfe nötig ist und wo Betroffene diese bekommen können. Hier kann man sich dann auch Rat holen, wie man als Gruppe die Therapie unterstützen kann.

Weitere Probleme ⁴

Es besteht die Gefahr, dass Probleme in Hauskreisen »zerredet« werden. Innerhalb der Kleingruppen können in bestimmten Situationen unterschiedliche Haltungen eingenommen werden. Die Pluralität der Meinungen ist für den »Hilfesuchenden« unter Umständen nur bedingt hilfreich. Wenn ein Einzelner immer wieder mit seinen Problemen im Kreis vorkommt und die anderen Mitglieder des Hauskreises »zurückstehen«, ist dadurch die Balance innerhalb der Gruppe gestört.

Einzelseelsorge

Große Probleme z. B. mit den eigenen Kindern oder dem Ehepartner, gehören in das Einzelgespräch. Es ist wichtig, dass Menschen in Gruppen nicht ihre Würde verlieren (vgl. Jesu Einzelgespräche: Nikodemus, Joh 3; Frau am Jakobsbrunnen, Joh 4). Die Beichte gehört in die Einzelseelsorge (vgl. Mt 18). Der Seelsorger oder die Seelsorgerin spricht die Vergebung stellvertretend zu. Da braucht es keine »weiteren« Zeugen, es sei denn, zwei Personen wollen ihre Schuld gegenseitig im Beisein eines Dritten »klären« (z. B. in der Eheseelsorge).

»Seelsorge geschieht ganz alltäglich im Miteinander der Christen, indem sie aufeinander achten, füreinander sorgen und beten, miteinander reden über das, was sie bekümmert und beschäftigt«

¹ Thomas Popp, Seelsorge im Hauskreis, in: Bibel aktuell 128, Damit ein Hauskreis besser „funktioniert“

² Swen Schönheit, Gemeinde die Kreise zieht: Das Kleingruppen-Handbuch, 2008, S. 152f

³ Ortwin Schweizer, Das Hauskreis ABC, 1994, S. 271f

⁴ Ortwin Schweizer, Das Hauskreis ABC, 1994, S. 271f