Über den Autor
Pfarrer Dieter Kleinmann ist ehemaliger Seelsorger am Flughafen Stuttgart
Flughafenseelsorge
Mittagsandacht auf dem Flughafen um 12 Uhr. Ein Ehepaar sitzt im »Raum der Stille«. Sie wollen ihre Tochter in Israel besuchen. Ich denke an meine Andacht vor kurzem über Abraham und Heimatlosigkeit und halte diese noch einmal. Das Ehepaar bedankt sich für meine Worte. Sie werden sie auf ihrer Reise nach Israel begleiten.
Als ich den »Raum der Stille« verlasse, sagt jemand hinter mir: »Ich bin heimatlos!« Beim Umdrehen sehe ich einen jungen Mann mit einer Sporttasche. Richtig, denke ich, da war doch noch jemand während der Andacht hereingekommen. Und dann sprudelt es aus ihm nur so heraus: »Ich habe niemanden. Meine Mutter hat sich vor zwei Jahren das Leben genommen, Geschwister habe ich keine und mein Vater will nichts von mir wissen.« Wir gehen in mein Zimmer. Er hat nur wenig Zeit, denn in dreißig Minuten geht sein Bus nach München, wo er einen entfernten Verwandten besuchen will. Und dann erzählt er mir von seinem Leben. Sein Studium in Salzburg hat er unterbrochen. Er will es wieder aufnehmen, doch jetzt müsse er erst einmal zu sich selbst kommen. Er fühle sich sehr einsam und orientierungslos. Aufgrund der knappen Zeit bleibt mir nur, ihm zuzuhören. Doch das braucht er in diesem Moment: ein offenes Ohr für seine persönliche Situation. Mit der Kirche hat er wenig am Hut, und doch kam er in die Andacht und gab sich in seiner Einsamkeit zu erkennen.
Anruf von Condor um 20:30 Uhr: »Um 23:07 Uhr kommt eine Maschine aus Lanzarote, da sitzt eine Frau drin, deren Mann heute Morgen an einem Herzinfarkt verstorben ist.«
An der Gepäckausgabe begrüße ich diese Frau und frage sie, was geschehen ist. Da sprudelt es aus ihr nur so heraus: »Es war um acht Uhr heute Morgen. Wir sind gerade aufgestanden, da wurde es ihm schlecht und er legte sich wieder ins Bett. Er röchelte noch, dann war’s vorbei. Herzinfarkt! In zwei Jahren wäre er in Rente gekommen. Wir hatten uns diese Zeit schon so toll vorgestellt. Mit dem Herz hatte er seit zwei Jahren Probleme. Damals bekam er zwei Bypässe.« (Stille) »Und jetzt ist alles aus. Ich kann es noch gar nicht glauben.« (Stille) »Und dann haben sie mich gleich gefragt, ob ich noch heute nach Hause fliegen will und ob mein Mann überführt oder möglicherweise hier auf Lanzarote eingeäschert werden soll.« »Und Sie haben«, sage ich, »noch gar nicht verstanden, dass er gestorben ist.« »Genau so war es. Da wirst du vor Entscheidungen gestellt, und du hast das eigentliche Geschehen noch nicht begriffen.« Ich hole dann ihre Tochter, die draußen gewartet hat, zu uns herein. Dadurch ergibt sich eine neue Situation. Bei der Verabschiedung überreiche ich ihr ein Holzkreuz mit den Worten: »Damit Sie etwas haben, an dem Sie sich festhalten können.«
Zum Arbeitsfeld »Kirchliche Dienste auf dem Flughafen« gehören:
- Seelsorge für Beschäftigte auf dem Flughafen
- Seelsorge für Passagiere
- Seelsorge für Menschen in der näheren Umgebung – anonymer Charakter, niederschwelliges Angebot
- sozial-karitative Tätigkeit
- Gottesdienste und Andachten
- Notfallnachsorge – verantwortlich ist die Flughafenfeuerwehr – Kirchliche Dienste sind beteiligt.
Kontakt und Informationen
Kirchliche Dienste am Flughafen Stuttgart
Diakon Matthias Hiller
Seelsorger an Flughafen und Messe
Flughafen Stuttgart, Terminal 3, Ebene 2
70629 Stuttgart
Telefon: (0711) 9484100
Fax: (0711) 9484100
Mail: Matthias.Hiller@elk-wue.de
Web: Kirchliche Dienste Flughafen Messe Stuttgart